Teilnehmende vor Veranstaltungsplakat und Agenda Bundesnetzwerktreffen
Teilnehmende vor Veranstaltungsplakat und Agenda Bundesnetzwerktreffen

Treffen des Bundesnetzwerks Konfliktbearbeitung in Loccum

Andocken, Kurs nehmen, Zukunft sichten 

Über 1.000 Jahre Erfahrung mit Konfliktbearbeitung, 80 Teilnehmende, 30 Workshops, 15 Vorhaben: So lässt sich das Bundesnetzwerktreffen 2025 in Zahlen zusammenfassen. Vom 12. bis zum 14. November kamen in der Evangelischen Akademie Loccum Menschen aus unterschiedlichen Feldern der Konfliktbearbeitung zusammen. Vernetzung, Fachaustausch und die Zukunft der Netzwerkarbeit standen im Fokus.

Eingeladen hatte das Bundesnetzwerk Konfliktbearbeitung gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Loccum und dem Kooperationsverbund Demokratische Konfliktbearbeitung, der den Ausbau des Netzwerks im Rahmen des Programms „Demokratie leben!" (Aufbau einer bundeszentralen Infrastruktur) des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt

„Wir lagen richtig: es gibt einen riesigen Bedarf an Austausch und Vernetzung in der Szene“, freut sich Christof Starke, Mitgründer des Netzwerks. „Es ging eine unglaubliche Energie von der Gruppe aus. Wir haben jetzt einen Fahrplan für 2026 und es sind viele zusätzliche Initiativen entstanden.“

30 Workshops zu drängenden Fragen der Konfliktbearbeitung

Die Teilnehmenden spiegelten die Vielfalt des Arbeitsfelds wider: Die Praxis traf auf die Wissenschaft, der Mediationsverband auf den Bauernverband, die Wirtschaftsberaterin auf den Sozialpädagogen. Im Open Space-Format schufen sie eine prall gefüllte Tagesordnung und berieten in 30 Mini-Workshops über Fragen, die ihnen unter den Nägeln brannten: Wie gehen wir mit demokratiefeindlichen Gruppen um? Was kann eine Kommune nach einem terroristischen Anschlag tun? Welche Rolle spielt das Nervensystem in Konflikten? Was tun gegen Hass und Hetze im Internet? Wie messen wir Erfolge? Was bedeutet künstliche Intelligenz für die Konfliktberatung?

„Wenn beispielsweise ein Windpark gebaut werden soll, können wir den Konfliktgegenstand nicht aus der Welt schaffen“, berichtete Marie-Theres Ueberlein von der Aktion Zivilcourage in ihrem Workshop zum Thema Wirkung. „Wir können aber versuchen, die Einstellung der Menschen zu dem Konflikt selbst positiv zu verändern. Dadurch verbessert sich der Umgang mit der Situation und miteinander. Wir wirken Polarisierung entgegen.“

Allianzen zwischen Wissenschaft und Praxis

Beim Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zeigte sich, dass beide Seiten gerne mehr kooperieren würden. Häufig behinderten jedoch Berührungsängste, unterschiedliche Sprachen und Arbeitsweisen eine produktive Zusammenarbeit. Prof. Christoph Weller von der Universität Augsburg ermutigte die Praktiker:innen dazu, Wissenschaftler:innen anzusprechen. „Die wissenschaftliche Fragestellung sollte direkt mit der Praxis entwickelt werden. Dort entstehen die relevanten Fragen und dann kann die Praxis im Anschluss etwas mit den Forschungsergebnissen anfangen“, schlug er vor und setzt dies an seinem Augsburger Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung bereits um. „Die Wissenschaft könnte ihre Ergebnisse kompakter und in allgemein verständlicher Sprache darstellen“, empfahl Ulrike Geisler von B3 - Institut für Beratung, Begleitung und Bildung in Dresden. „Das würde Hürden in der Zusammenarbeit abbauen und den gegenseitigen Transfer von Wissen und Erfahrungen erleichtern.“

Konkrete Initiativen für 2026

Bis spät abends wurde an den Infoständen einiger Organisationen und an der Bar des Hauses weiter diskutiert. Am Ende des Treffens standen 15 konkrete Initiativen, die die Teilnehmenden miteinander umsetzen wollen. Sechs Personen haben sich beispielsweise dem Initiativ-Kreis des Netzwerks angeschlossen, der die Netzwerkarbeit weiterentwickelt. Das Projekt Love Storm des Bunds für Soziale Verteidigung wird dem Netzwerk Angebote und Schutzkonzepte für den digitalen Raum bereitstellen. Ab Februar 2026 sollen Workshops zu Ermittlung und Darstellung von Wirkungen der Konfliktbearbeitung entwickelt werden. Der Wissenschaft-Praxis-Austausch wird über erste Mailinglisten in Schwung gebracht. Diese und weitere Initiativen machen das Netzwerk zu einem lebendigen Ort für Angebote, Austausch und neue Entwicklungen in der Konfliktbearbeitung. Die nächsten Online-Treffen und eine Tagung in 2026 werden bereits geplant.

Foto: Max-Ferndinand Zeh